Haus Nr.27  (alt 30, 32)     "Perisutti”, "Schartner”, "Sidar”

Dieses Haus besitzt eine überaus interessante Vergangenheit. Es war zunächst ein Ledererhaus. Schon zu Beginn des 17.Jahrhunderts werden Oswald und Margarethe Brädisch (Wräditsch) als Besitzer erwähnt. Von ihnen übernahm ihr Sohn Georg Brädisch, Lederermeister. Er ehelichte 1677 Eva Schmaritschnik, die nach seinem Tode den Lederer Soinegg ehelichte. Das Haus wurde aber 1692 an Georg Schmautz, gleichfalls  Lederermeister, verkauft. Der Name Schmautz wird in den Matriken schon 1664 genannt, ohne daß man die Wohnstätte dieser Familie genau festlegen könnte. 1701 übergab Georg Schmautz seinem Sohn Johann Georg. Dieser wurde damals in die Bürgerschaft aufgenommen und zum Ratsherren gewählt. Er war auch ”Zöchmeister” der Ledererzunft. Daß er wohlhabend war, zeigt der 1708 erfolgte Kauf der Ledererwerkstätte des Andreas Schmölzer. Johann Georg starb 1741 im Alter von 59 Jahren. Seiner Witwe Anna Maria, einer geborene Zizmon, wurde 1741 gestattet, beide Lederergerechtsame zu behalten, da sie zwei Stiefkinder zu betreuen hatte.

Im gleichen Jahr heiratete sie den Lederergesellen Johannes Oberhauser aus Tirol. Als Oberhauser 1749 starb, heiratete seine zweite Frau Maria, geborene Hausman, den Lederergesellen Johann Michael Altensperger aus Wolfsberg. Auf diesen folgte 1778 sein Sohn Felix Altensperger. 1779 wurde dieser Bürger, 1784 Ratsherr und dann auch Marktrichter. Er verheiratete sich mit Barbara Feiglin, der Tochter eines wohlhabenden Lebzelters, was ihn befähigte, seine fünf Geschwister auszuzahlen. 1788 starb er überraschend mit 38 Jahren. Seine junge Frau war hochschwanger und die miteinander verwandten Patrizierfamilien im Markt trafen daraufhin ein Arrangement. Die Witwe heiratete drei Monate später den jungen Anton Lerch. Die Familie Lerch, die vor dem Ruin stand, wurde durch das Vermögen der Witwe – es wurde auf über 6ooo fl geschätzt - saniert, und das zu erwartende Kind erhielten einen Vater. Die Trauung des Paares fand in Maria Trost bei Graz statt, vermutlich, um Aufsehen in Eibiswald zu vermeiden. Im August brachte Barbara Zwillinge zur Welt, die den Namen Altensperger erhielten, aber schon ein Jahr später starben.

Anton Lerch fürhte zunächst das Ledererhandwerk weiter, zog aber dann ins Stammhaus, wo er die Brauerei betrieb. Das Haus wurde von Franz und Constantia Schoppinger um 3000 fl erworben. Auch dieser Kauf ist als Hilfe für den bedrängten Lerch anzusehen. Constantia  war die Schwester Anton Lerchs, die Schoppinger 1788 in der Kirche ”auf der Wies” geheiratet hatte. 1802 kauften Johann und Theresia Perisutti das Haus um 6610 fl und zogen vom Haus Nr.70 hierher. Damit wandelte sich das Ledererhaus in ein Kaufhaus. Ihr Gewerbe übertrugen sie von ihrem alten Haus auf das neue, das verkehrsmäßig günstiger gelegen war. Perisutti betrieb auch einen Pulververschleiß und eine Briefaufgabestelle für die "Kleine Stadtpost” in Graz. 1830 übergab Johann Perisutti die Handlung an seinen Sohn Franz. 1833 führte dieser Maria Gordon aus Straß heim. Perisutti wurde zweimal zum Marktrichter gewählt und könnte den Beinamen "der Stifter” tragen, weil er das heutige Altenheim stiftete. Er überlebte mit einer Ausnahme seine Kinder. 1889 verschied Franz Perisutti mit 92 Jahren.

Seine Witwe Rosa verkaufte 1891 die große Liegenschaft an Josef Höfler, dem 1892 Josef und Maria Schartner folgten. Schartner, ein Mann von geselliger Natur, war Kaufmann. Er führte das Geschäft, das sich immer mehr zu einem erlesenen Spezereiwarengeschäft entwickelte, weiter. Gewürze und Südfrüchte, die man in der Weststeiermark damals kaum kannte, konnte man bei ihm kaufen.

1936 folgte der Schneidermeister Ludwig Sidar und 1949 seine Gattin Josefine als Besitzer. Ludwig Sidar kam aus der Umgebung von Unterdrauburg. Der neue Hausherr bewährte sich als Organisator im Männergesangsverein, dem er seit dem Ende der 20er Jahre vorstand. Unter seiner Führung verstärkte der Verein die Öffentlichkeitsarbeit, indem er zweimal jährlich zum Straßensingen auftrat. Die ”Straßentage” waren jeweils im Mai zur Fliederblüte und im Sommer vor den Schulferien. Gesungen wurde am Kirchplatz, bei der Mariensäule und im Hof der Brauerei zu Ehren des Bürgermeisters Götz. Sidars Stellvertreter war damals Josef Gensinger. Sangmeister war Johann Hammer aus der Nagelschmiedgasse.

1952 übernahmen der Schneidermeister Otto Sidar und seine Gattin Anna den Besitz. Das Geschäft wurde vom Ehepaar Hotarek Erich und Inge, einer Schartner-Tochter weitergeführt. 1986 folgte als Besitzerin Elisabeth Slabernig, Tochter der Eheleute Sidar. Ab 1983 ist im einstigen Geschäftslokal ”Schartner-Hotarek” die Grenzlandbücherei, eine der umfangreichsten Bibliotheken der Steiermark, untergebracht.

Im Sinne des Denkmalschutzes zählt das Sidar-Haus zu den wertvollsten des Marktes. Trotz mehrer Renovierungen im 20.Jahrhundert blieb das äußere Erscheinungsbild mit dem alten Geschäftsportal und den Eisenläden erhalten.

 

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