Haus Nr.23  (alt 26, 37)    "Prenner”, Scherdoner”

Dieses Haus fällt dem kunstverständigem Betrachter auf. Die Schauseite ist durch kannelierte Viertelsäulen unterteilt, die dem Bau ein originelles Aussehen verleihen. Ähnliche Säulen finden wir beim einstigen Gasthaus Leitinger in Wies, das nun als Gemeindeamt dient. Der prachtvolle Torbogen ist aus – leider schon stark beanspruchtem - Marmor gehauen und trägt die Jahreszahl 1827.

Auch dieses Haus ist ein altes Fleischhauerhaus, das sich weit in die Vergangenheit zurückverfolgen läßt. Die stilistisch bemerkenswerte Fassadengliederung mit den kannelierten Viertelsäulen geht noch auf die Zeit des Biedermeier zurück. Vermutlich sind die ersten uns bekannten Besitzer Sebastian und Benigna Mayr. In den Urkunden ist vom ”Edlen und gestrengen Herrn Sebastian Mär” die Rede und niemand geringerer als Freiherr Wolf Max von Eibiswald erscheint als Taufpate seiner Kinder. Auf ihn folgten Gregorius und Gertraud Mayr, die wie die Eltern das Gewerbe der Fleischhauerei ausübten. 1697 übernimmt Thomas Klampfer an Stelle seines Schwagers das "Fleischhacken”. Die Witwe des Thomas Klampfer wurde 1706 mit Michael Painsi, wiederum einem Fleischhauer, vermählt. Auf ihn folgte Michael Andreas Lerch, der als erste Frau Anna Maria Gabriele, eine Tochter des Verwalters zu Burgstall und 1715 Catharina, die wohlhabende Witwe des Handelsmannes Georg Murer, geheiratet hatte. Er übergab Haus und Gewerbe dem aus Köflach eingewanderten Anton Gasteiger (auch Gasteyer), der Anna Theresia, die Tochter Lerchs, geheiratet hatte und 1716 als bürgerlicher Fleischhauer aufgenommen wurde. Es kam jedoch zu Auseinandersetzungen um die Erbschaft, 1719 wurde Gasteiger vom Kaplan Lerch geklagt.

Gasteiger scheint trotz einer zweiten Ehe  erbenlos geblieben zu sein. Um 1760 kaufte Matthias Griz (auch Friz, Grüz, Grütsch) Haus und Hof von seinem Schwager Johann Georg Gödl, der Verwalter in Schwanberg war. Griz hatte eine Cäcilia Gödl geehelicht. 1790 folgte Johann Bestebner aus Mahrenberg, der eine Rosina Fritzin geheiratet hatte und wie sein Schwiegervater Fleischhauer war. Wohl um Geld anzulegen, erwarb für kurze Zeit Ignaz Rüstenholzer, Lebzelter aus Graz, das Haus. Rüstenholzer hatte die Eibiswalderin Anna Altensperger geheiratet. 1798 kaufte Josef Draxler die Fleischhauerei um 3000 Gulden. Als er 1826 starb, hieß es ”vulgo alter Gasteiger”. 1826 verstarb Draxler und der aus Stainz stammende Fleischermeister Caspar Ennsbrunner erwarb den Besitz um 4460 fl. Ennsbrunner besaß einige Töchter, die er gut verheiratete.

1871 veräußerte er alles an Johann Zwetti um den beachtlichen Betrag von 14.200 fl. Zwettis erste Frau hieß Maria Mayer und stammte aus Dobl, seine zweite Frau war Barbara Kreacic. Zwetti, Gastwirt und Fleischhauermeister, konnte sich nicht halten und so gelangte das Haus 1878 an Johann Passegger und Josef Staudinger, die es an den Fleischer und Wirt Roman Brand verpachteten und später verkauften. Es scheint weiterhin Schwierigkeiten gegeben zu haben, denn 1886 scheinen Josef Brand und Simon Koller als Besitzer auf. 1888 gelangte das Haus in den Besitz von Franz Prenner, Fleischermeister und Gastwirt. Franz Prenner war ein Bruder des Wieser Pfarrers Karl Prenner. Der Beerdigung Franz Prenners im Februar 1928 wohnten nicht weniger als sechs Priester bei. Ihm folgten 1929 Maria und 1936 Paula Prenner. Paula Prenner, eine forsche und exzentrische Persönlichkeit, verlegte ihren Wohnsitz nach Graz und übergab auf Grund einer Leibrente das Haus 1938 der Marktgemeinde Eibiswald.

1939 erwarb die Familie Scherdoner das Haus unter Fortzahlung der Leibrente. Max Scherdoner war einst Werkmeister im Grazer Puchwerk und danach Leibchauffeur des Gutsbetriebes Ornstein in St.Oswald gewesen, seine Gattin stammte aus der Soboth. Herr Scherdoner , der schon von 1931 – 39 eine KFZ-Werkstatt im Hause 112 betrieben hatte, verlegte somit seine Werksstatt in das Eibiswalder Zentrum.

Wie bei den meisten Eibiswalder Bürgerhäusern umschließen die Wohn- bzw.Wirtschaftsgebäude einen Innenhof, der zweifellos der zentrale Ort des Tagesgeschehens war, wenn es die Witterung einigermaßen zuließ. Im Scherdoner-Hof, zum Beispiel, wurden landwirtschaftliche Maschinen, Fahrräder und sogar Autos repariert. Wegen der Feuersgefahr wurde auch im Freien geschweißt.  

Einige Räume des Hauses waren stets vermietet. So befand sich hier von 1937 - 39 das Steueramt und hatte von 1939 – 45 die Gestapo ihren Sitz. Im vorderen Haus befand sich bis 1972 das technische Kaufhaus der Frau Rosa Scherdoner.

 

Copyright by Lerchhaus Verlag Eibiswald, Autoren: Werner Tscherne, Herbert Blatnik